Die Kirchenväter begleiteten kontinuierlich den Lebensweg John Henry Newmans (1801-1890) von jungen Jahren bis ins hohe Alter und trugen maßgeblich zu seiner Konversion zur katholischen Kirche (1845) bei. Im Rahmen der Oxfordbewegung suchte Newman die Werke der Kirchenväter breiteren Kreisen zu erschließen, um durch die Rückbesinnung auf die Kirche der Väter eine geistliche Erneuerung der anglikanischen Glaubensgemeinschaft herbeizuführen, deren damaliges Erscheinungsbild stark verweltlicht und von liberalen Tendenzen geprägt war. Zahlreiche weitere patristische Studien und Veröffentlichungen machten Newman zu einer unbestrittenen Autorität auf diesem Gebiet.
Die vorliegende Monographie ist die erste umfassende Gesamtdarstellung zur Kirchenväter-Rezeption Newmans, die eine biographische Grundlegung im ersten Teil mit einer systematischen Entfaltung im zweiten Teil verbindet und die geistige Verwurzelung seiner Theologie und Spiritualität in der frühen Kirche erkennen läßt. Newmans lebenslange Auseinandersetzung mit dem Geist des Liberalismus in der Religion war zutiefst vom Glaubensdenken der Kirchenväter bestimmt, die mit ähnlichen Herausforderungen seitens des Skeptizismus, Relativismus und Agnostizismus konfrontiert waren, ebenso aber im Innern der Kirche rationalistischen Auflösungen der Glaubenswahrheit entgegentreten mußten.
Angesichts der gegenwärtigen Lage der katholischen Kirche erweist sich Newmans Rückbesinnung auf die Kirchenväter aktueller denn je.
Autor: Prof. Dr. Michael Fiedrowicz; Theologische Fakultät Trier, Lehrstuhl für Kirchengeschichte des Altertums, Patrologie und Christliche Archäologie
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
9
Erster Teil
Biographische Grundlegung
A)
Die religiöse Situation in England im 19. Jahrhundert
13
B)
Die Entdeckung der Kirchenväter:
„Ein Quell des Entzückens“
I. Ein Schlüsselerlebnis: Milners Kirchengeschichte
17
II. Die Kirchenväter in der anglikanischen Tradition
21
III. Oxford – „Von allen irdischen Dingen meinem Herz vielleicht am nächsten“
25
IV. Beginn der systematischen Väterlektüre
33
V. Aufbau einer Väterbibliothek
36
C)
Die erste Monographie:
‚Die Arianer im vierten Jahrhundert‘
I. Anlaß und Fragestellung
38
II. Die Schule von Alexandrien
42
III. Die Rezeption des Werkes
45
IV. Der aktualisierende Ansatz der Kirchengeschichtsschreibung
47
D)
Poetische Porträts:
„Unsere Väter und unsere Führer“
53
E)
Die Oxfordbewegung:
Kirchenreform aus dem Geist der Väter
I. Die Krise der ‚Church of England‘
55
II. Erneuerung nach dem Leitbild der frühen Kirche
61
III. ‚Tracts for the Times‘: Ein Weckruf
66
IV. ‚Records of the Church‘: Väterlektüre für breitere Kreise
70
V. ‚The Church of the Fathers‘: Porträts mit Provokationspotential
71
VI. Weitere patristische Studien und Begegnungen mit den Kirchenvätern
81
1) Ein Editionsvorhaben: Bischof Dionysius von Alexandrien
81
2) Ein Übersetzungsprojekt: Die Kirchengeschichte von Fleury
82
3) Überlegungen zur sachgemäßen Väterlektüre: ‚The Theology of St. Ignatius‘
83
4) Patristische Impulse zur Spiritualität und Bibelhermeneutik
86
VII. ‚Library of the Fathers‘: Eine Pionierleistung der Väterübersetzung
87
F)
„Die Väter haben mich katholisch gemacht“
I. Die Väter und die Kirche von Rom
93
II. „Altertum gegen Katholizität“
97
III. Die Monophysitismus-Kontroverse als Spiegelbild des 16. u. 19. Jh.
99
IV. Securus iudicat orbis terrarum: Augustins Argument f. d. ‚Catholica‘
111
V. Die Entdeckung weiterer Analogien in der arianischen Kontroverse
115
VI. Allmähliche Abwendung von der anglikanischen Kirche
118
VII. Rückzug nach Littlemore: Leben und Studieren i. Geist d. frühen Kirche
122
VIII. Durchbruch zum Gedanken der Lehrentwicklung
125
IX. Die Kirchenväter als Konversionsmotiv
134
G)
Die Beschäftigung mit den Kirchenvätern in der
katholischen Lebensphase
I. Im Spannungsfeld von Scholastik und Patristik
138
II. Mailand: Auf den Spuren der Kirchenväter
140
III. Callista: Ein historischer Roman über christliche Frühzeit
142
IV. ‚The Ancient Saints‘: Die Väter in Selbstzeugnissen
145
V. Kleinere dogmengeschichtliche Abhandlungen
147
1) ‚Cyrills Formel von der ‹einen fleischgewordenen Natur des göttlichen Logos›‘
147
2) ‚Ursachen für Entstehung und Erfolg des Arianismus‘
150
VI. Patristische Exempel, Dossiers und Argumente in weiteren Schriften
152
1) Das Zeugnis der Laien in Fragen der Glaubenslehre
152
2) Katholische Marienverehrung: Ein Brief an Pusey
159
3) Kirche und Staat: Ein Brief an den Herzog von Norfolk
161
VII. Athanasius: neu übersetzt (1881)
164
VIII. Die Kirchenväter als Wegbegleiter am Lebensende
166
H)
Zusammenfassung
168
Zweiter Teil
Systematische Entfaltung
A)
Die Herausforderung:
Liberalismus in der Religion
I. Einführung
179
II. Die Ausgangslage
181
III. Anti-liberale Reaktion
188
B)
Das unverkürzte Evangelium:
Auseinandersetzung mit der ‚Religion des Tages‘
I. Auswahlchristentum und säkulare Humanitätsreligion
193
II. Der Antagonismus von Kirche und Welt
196
III. Gefahren des Staatskirchentums
202
IV. Die Kirche als Zeichen des Widerspruchs
205
C)
Zeugin der unsichtbaren Welt:
Widerstand gegen die Selbstsäkularisierung der Kirche
I. Die Rangordnung kirchlichen Wirkens
210
II. Unterscheidung von Religion und Zivilisation
212
III. Bezeugung der unsichtbaren Welt
219
IV. Kritik kirchlicher Selbstsäkularisierung
222
D)
Glaube und Vernunft:
Die Auseinandersetzung mit dem Rationalismus
I. Angriffe von außen
227
1) Die Ausbreitung des Unglaubens
227
2) Der Glaubensakt: Kritik und Verteidigung
228
3) Das Erfordernis der rechten Disposition
232
4) Die Grenzen der Vernunft des gefallenen Menschen
233
II. Rationalistische Tendenzen im Anglikanismus
235
1) Irrwege zeitgenössischer Apologetik
235
2) Parallelen zur Dialektik der Arianer
237
3) Mysterium: Negierung und Bewahrung
240
4) Legitimität einer Glaubensreflexion
246
5) Die Überzeugungskraft des Evangeliums
249
6) Orthodoxie und Häresie angesichts des Mysteriums
253
7) Anthropozentrik
257
8) Privaturteil
259
9) Leitprinzipien des Schriftverständnisses
268
10) Moralische Voraussetzungen der Wahrheitserkenntnis: ‚ethos‘
277
11) Zusammenfassung
285
E)
Das dogmatische Prinzip:
Auseinandersetzung mit dem Relativismus
287
I. Die Inkarnation als Herausforderung des Skeptizismus
288
II. Grundlegung u. Anfechtung d. dogmatischen Prinzips i. d. frühen Kirche
291
1) Überlieferung des Glaubensgutes seit Anbeginn
291
2) Die Herausbildung expliziter Kriterien der Orthodoxie
295
3) Die Auseinandersetzung um das nizänische Homousios
302
4) Athanasius und Newman als Vorkämpfer des dogmatischen Prinzips
310
5) Martyrer und Bekenner: Bezeugung des dogmatischen Prinzips
312
6) Wahrheit vor Frieden
315
7) Vom Nutzen der Häresie
317
III. Die Krise des dogmatischen Prinzips in der Moderne
317
1) Falsche Toleranz als Ausdruck der Indifferenz
317
2) Verschwommenheit als ‚Mutter der Weisheit‘
321
3) Gefühlsreligion
324
4) Rückfall ins Heidentum
326
IV. Die Bedeutung des dogmatischen Prinzips im Leben der Kirche
331
F)
Widerstand gegen das säkulare Erziehungsprogramm
als
Religionsersatz
I. Auf der Suche nach einem neuen gesellschaftlichen Zusammenhalt
338
II. Lehrbarkeit der Tugend oder Umwandlung durch das Evangelium
342
III. Surrogate christlicher Moralität
348
IV. Paideia Christi: die erzieherische Weltmission der Kirche
350
V. Chrēsis: Indienstnahme weltlichen Wissens
355
VI. Der persönliche Einfluß als Mittel zur Verbreitung der Wahrheit
357
G)
Der liberale Geist als Wegbereiter des Antichrist
I. Der Antichrist aus patristischer Perspektive
360
1) Die große Apostasie
360
2) Die letzte Verfolgung der Kirche
364
II. Die unausweichliche Alternative: Katholizismus oder Atheismus
374
H)
Zusammenfassung
378
Bibliographie
Werk- und Abkürzungsverzeichnis
Deutsche Übersetzungen
385
Ausgaben in englischer Originalsprache
386
Sekundärliteratur
Allgemeine Darstellungen
387
Newman und die Patristik
388
Newmans Anti-Liberalismus
391
Sonstige Literatur
392
Patristik allgemein
394
Register
Personen
395
Sachen und Begriffe
397